13. September 2022 / Baurecht | Planungsrecht | Natur- und Umweltrecht
OVG Greifswald: Anforderungen an einen Lageplan zum Bauantrag

Auszug aus den Urteilsgründen:

Das Vorhaben des Klägers ist im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 lit. a LBauO M-V 2006 zu prüfen. Der Kläger begehrt die Genehmigung eines Wintergartenanbaus an sein Sommerhaus, das ein Wohngebäude i. S. von § 63 Abs. 1 Satz 1 lit. a LBauO M-V 2006 darstellt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18. Mai 2011 – 3 M 38/11 –).

Bauantrag formgebunden

Der Bauantrag ist gemäß § 68 Abs. 1 LBauO M-V 2006 schriftlich bei der Bauaufsichtsbehörde einzureichen. Mit ihm sind nach Absatz 2 Satz 1 dieser Norm alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen. § 68 Abs. 4 Satz 1 LBauO M-V 2006 fordert, dass der Bauherr und der Entwurfsverfasser den Bauantrag, der Entwurfsverfasser die Bauvorlagen zu unterschreiben hat.

Bei Bauvorlagen für die nicht verfahrensfreie Errichtung und Änderung von Gebäuden ist nach § 65 Abs. 1 LBauO M-V 2006 die Unterschrift eines Entwurfsverfassers notwendig, der bauvorlageberechtigt ist. Wer bauvorlageberechtigt ist, regelt § 65 Abs. 2 LBauO M-V 2006 (Architekten, bauvorlageberechtigte Ingenieure usw.), wobei nach Absatz 3 dann diese Restriktionen für – Nr. 1 – Bauvorlagen, die üblicherweise von Fachkräften mit anderer Ausbildung als nach Absatz 2 verfasst werden, oder – Nr. 2 – bei geringfügigen oder technisch einfachen Bauvorhaben nicht gelten.

Unterlagen nach Bauvorlagenverordnung

Bauvorlagen sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen in der hier maßgebenden Fassung vom 10. Juli 2006 (GVOBl. M-V 2006, S. 612 – Bauvorlagenverordnung – BauVorlVO M-V 2006) die einzureichenden Unterlagen, die für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags (§ 68 Abs. 2 Satz 1 LBauO M-V) erforderlich sind.

Vorzulegen sind die in § 3 BauVorlVO M-V 2006 aufgelisteten Unterlagen, wobei die Anforderungen an diese Unterlagen in den nachfolgenden Vorschriften näher bestimmt werden. Diese Unterlagen sind auch im vereinfachten Verfahren vollständig vorzulegen. Eine Differenzierung der Anforderungen danach, ob das Vorhaben in einem vollständigen Genehmigungsverfahren, einem vereinfachten Genehmigungsverfahren oder im Freistellungsverfahren zu beurteilen ist, enthält die Bauvorlagenverordnung nicht. Eine solche Unterscheidung lässt sich auch nicht daraus entnehmen, dass § 7 Abs. 3 BauVorlVO M-V 2006 die Einschränkung enthält, der Lageplan müsse die genannten Angaben enthalten, “soweit dies zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist“.

Diese Einschränkung bezieht sich erkennbar zunächst auf die Voraussetzungen für die Beurteilung der materiellen Baurechtmäßigkeit des Vorhabens. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind. Die Angaben sollen es nämlich zugleich der zuständigen Behörde ermöglichen, gegebenenfalls wegen der Nichteinhaltung materiellen Baurechts, das im Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen, das aber gemäß § 59 Abs. 3 LBauO M-V 2006 einzuhalten ist, gleichwohl die Realisierung des mitgeteilten Vorhabens im Wege des repressiven Einschreitens zu unterbinden (§ 58 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V 2006).

Zugleich müssen die Angaben aber auch diejenigen Hinweise enthalten, die dafür erforderlich sind, um beurteilen zu können, in welchen der drei Verfahrensarten das Vorhaben zu beurteilen ist (OVG Greifswald, Beschluss vom 8. Januar 2018 – 3 LZ 331/17 –, juris Rn. 4). Zu den vorzulegenden Bauvorlagen gehört nach § 3 Nr. 1 BauVorlVO M-V 2006 u. a. der Lageplan (§ 7).

Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 BauVorlVO M-V 2006 ist der Lageplan auf der Grundlage der amtlichen Liegenschaftskarte zu erstellen. Dabei ist gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 BauVorlVO M-V 2006 ein Maßstab von mindestens 1 : 500 zu verwenden. Nach § 7 Abs. 2 Satz 3 BauVorlVO M-V 2006 ist allerdings ein größerer Maßstab zu wählen, wenn es für die Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist.

Zwingende Darstellungen im Lageplan 

Der vom Kläger am 6. oder 7. August 2014 vorgelegte Lageplan erfüllte im Hinblick auf seinen gegenüber dem Maßstab 1 : 500 größeren Maßstab 1 : 100 allerdings die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 2 BauVorlVO M-V 2006. „Mindestens“ i. S. des § 7 Abs. 2 Satz 2 BauVorlVO M-V 2006 meint, dass der Lageplan auch in einem größeren Maßstab als 1 : 500 erstellt werden darf. Ein Maßstab ist groß, je kleiner die Maßstabszahl (der Divisor) ist, und klein, je größer diese Zahl ist. Ein großer Maßstab (z. B. 1 : 100 oder 1 : 250) macht das Zeichenobjekt auf einer Karte also im Verhältnis zur Wirklichkeit (1 : 1) relativ groß, ein kleiner Maßstab (z. B. 1 : 1000) stellt es entsprechend kleiner gegenüber der Wirklichkeit dar.

Die Mindestanforderung in der Verordnungsvorschrift bezieht sich auf den Grad der Detaillierung des Bauvorhabens und seine bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Beurteilung. Dafür spricht auch der Sinn dieser Regelung. Mit dem zeichnerischen Teil des Lageplans sind die erforderlichen Inhalte nach § 7 Abs. 3 BauVorlVO M-V 2006 darzustellen. Entgegen der Auffassung des Beklagten dient vor allem der zeichnerische Teil des Lageplans jedenfalls nicht ausschließlich dazu, das Vorhaben bauplanungsrechtlich namentlich hinsichtlich der Frage nach dem Bestehen eines Bebauungszusammenhangs zur Prüfung des unbeplanten Innenbereichs nach § 34 BauGB zu beurteilen, was selbst bei einem Maßstab von 1 : 500 regelmäßig nur für die unmittelbar benachbarten Grundstücke und ihre Bebauung weiterhelfen wird.

Die bauplanungsrechtliche Beurteilung in diesem Sinne ist vielmehr jedenfalls auch durch den Auszug aus der amtlichen Liegenschaftskarte mit den nach § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauVorlVO M-V 2006 erforderlichen Angaben über das zu kennzeichnende Baugrundstück und benachbarte Grundstücke im Umkreis von mindestens 50 Metern vorzunehmen. Denn im Liegenschaftskataster sind im Landesgebiet alle Flurstücke und Gebäude nachzuweisen, wobei der Umfang zugleich ihre Ordnungsmerkmale, geometrische Begrenzung, Lagebezeichnung, Nutzung, Flächengröße und wesentlichentopografischen Merkmale (Geobasisdaten) beinhaltet (siehe § 22 Abs. 1 des Geoinformations- und Vermessungsgesetzes, vgl. zuvor § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Vermessungs- und Katastergesetzes).

Der Lageplan muss nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 BauVorlVO M-V 2006 allerdings neben Angaben zu den vorhandenen baulichen Anlagen auf dem Baugrundstück auch solche zu den vorhandenen baulichen Anlagen auf den benachbarten Grundstücken mit Angabe ihrer Nutzung, First- und Außenwandhöhe, Dachform und der Art der Außenwände und der Bedachung umfassen. Dass diese inhaltlichen Anforderungen des § 7 Abs. 3 BauVorlVO M-V 2006 bei einem größeren Maßstab als 1 : 500 nicht Platz finden würden, trifft nicht zu.

Bauvorlagen sind nicht auf ein bestimmtes Format begrenzt. Sie müssen nicht zwingend dem Format DIN A 4 entsprechen, sondern können nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BauVorlVO M-V 2006 auch auf diese Größe gefaltet vorgelegt werden, mithin größer erstellt werden. Grenzen werden insoweit nur durch eine nicht mehr praktikable Handhabung des (auf DIN A 4-Größe gefalteten) Lageplans gesetzt. Ebenso muss ein größerer Maßstab für den Lageplan dann gewählt werden, wenn es für die Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist, § 7 Abs. 2 Satz 3 BauVorlVO M-V 2006.

Soweit der Beklagte für seine Rechtsauffassung auf § 7 Abs. 2 Satz 2 der bayerischen Bauvorlagenverordnung vom 10. November 2007 in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2020 hinweist, wonach ein Lageplan im „Maßstab nicht kleiner als 1 : 1000“ vorgeschrieben ist, verkennt er bereits deren Regelung, nämlich das Verbot der Vorlage von Lageplänen in einem kleineren Maßstab als 1 : 1000. Ein kleinerer Maßstab wäre ein solcher mit einer – unzulässigen – größeren Maßstabszahl als 1000 (z. B. 1 : 1250), nicht dagegen einer mit einer kleineren Maßstabszahl (etwa 1 : 500), die vielmehr zu einem – zulässigen – größeren Maßstab führt. Auch in Bayern wäre danach die Vorlage eines Lageplans im Maßstab 1 : 100 zulässig.

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Autor: Professor Dr. Karsten Simoneit

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Professor Dr. Karsten Simoneit

Professor Dr. Karsten Simoneit
Honorarprofessor an der Hochschule Wismar

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